Gedanken Kita & Schule

„Das ist gelebte Inklusion.“

…das waren die Worte unseres Kita-Leiters, als ich vor wenigen Tagen mit ihm ins Gespräch kam. Kurz zuvor hatte ein kleines Mädchen unserem Fips dabei geholfen, seinen Rucksack an seinen Garderobenplatz zu hängen. Ganz stolz war sie und strahlte mich mit ihren großen Kulleraugen an, als der Rucksack am richtigen Platz hing. Es war einer dieser zauberhaften Momente, in denen ich es selbst miterleben darf, wie unser kleiner Fips in seiner Kindergartengruppe und im ganzen Kindergarten integriert ist.

Nenn´ es wie Du willst.

Moment mal… Ist das jetzt Integration? Oder Inklusion? Es heißt Integrativplatz und integrativer Kindergarten, Integrativgruppe und Integrativkraft. Aber auf der anderen Seite höre ich immer wieder von Inklusion, wenn ich so manche gesellschaftspolitische Diskussion am Rande mitverfolge. Aber ehrlich gesagt sind mir die Begrifflichkeiten im Moment auch noch herzlich egal. Ich glaube, wir wissen alle, um was es geht.

In der Vorbereitung dieses Artikels habe ich mich dann aber doch nochmal sicherheitshalber schlau gemacht, was genau der Unterschied ist zwischen Integration und Inklusion. Integration bedeutet, dass innerhalb bereits bestehender Strukturen auch benachteiligte Menschen ihren Platz finden sollen. Inklusion geht darüber hinaus. Bei Inklusion sollen gezielt die Voraussetzungen in der Gesellschaft geschaffen werden, damit benachteiligte Menschen die gleichen Chancen bekommen.

Egal wie wir es nennen – die Hauptsache für mich und uns ist doch, dass es unserem Kind und uns als Familie gut geht. Und wir haben Glück: Denn das ist bei unserem Kindergarten garantiert!

Die richtige Entscheidung

Im Nachhinein bin ich wirklich glücklich darüber, dass wir uns eben für genau diese Kita in unserem Wohnort entschieden haben. Hier gibt es zwei Gruppen, davon eine Integrativgruppe. Sie ist mit 20 Kindern etwas kleiner als die andere Gruppe mit 25 Kindern, und eine speziell geschulte Integrativkraft ist für die gezielte Betreuung und Förderung von unserem Fips zuständig. Wobei am Ende des Tages alle ErzieherInnen mit in die Betreuung eingebunden werden. Und das klappt super!

„Ganz normal mit Sonderbehandlung“

Und so gehört unser Fips ganz einfach mit dazu. Für die anderen Kinder ist das ganz normal. Da er derzeit jedoch das einzige Kind mit Behinderung in der Kita ist, könnte man nun das Gefühl bekommen, dass er eine Sonderstellung einnimmt. Und natürlich hat er die auch irgendwie. Das ist wahrscheinlich auch ganz „normal“. Weil er eben anders ist und nicht einfach „im System mitlaufen“ kann.  Schließlich braucht er mehr Unterstützung in den alltäglichen Handgriffen, mehr Aufsicht und eben auch mehr Förderung. Und die bekommt er – von einer wunderbaren, liebenswerten Integrativkraft und einem ganz herzlichen Kita-Team.

Kleine Leute ganz groß

Doch nicht nur die Großen sorgen sich um unseren Fips! Ich bin immer wieder beeindruckt von der Fürsorge der kleinen Spielkameraden. Wirklich bemerkenswert, welch feine Antennen Kinder dafür haben, wenn ein anderes Kind Hilfe braucht.
Schon als er mit drei Jahren in den Kindergarten kam, waren sehr viele Kinder auf ihn fixiert. Jeder wollte mit ihm spielen, ihm beim Aufstehen helfen, wenn er hingefallen war, ihn in der Schaukel anschubsen usw. Es war mir anfangs fast schon unangenehm – dieser Trubel um unser Kind. Aber vermutlich wurde bei den anderen Kindern der Beschützerinstinkt geweckt. Und es gibt mir ein gutes Gefühl, wenn ich weiß, dass unser Fips hier gut aufgehoben ist. Das zeigen mir immer wieder diese kleinen Momente der Hilfsbereitschaft: Zum Beispiel, wenn beim Frühstück sein spezieller Stuhl fehlt und ein Junge gleich losläuft und den Stuhl aus dem anderen Raum herbeiholt – ganz unaufgefordert und eigenständig. Oder wenn der Fips etwas trinken möchte und ein anderes Kind ihm die Wasserflasche aufmacht und den Becher vollschenkt. Teilweise müssen die Erzieher manche Kinder sogar in ihrer Hilfsbereitschaft bremsen, damit unser Fips auch mal alleine aktiv wird. Denn es ist ein schwieriger Grad zwischen dem erforderlichen „Mehr“ an Betreuung und Unterstützung und dem gezielten „Weniger“ für eine selbständige Entwicklung. 

Genau dann funktioniert Inklusion.

Doch was am Ende zählt, ist ein gesundes Gleichgewicht – zwischen Unterstützung und Selbständigkeit, zwischen dem „Besonderen“ und der Normalität. Auch für uns als Eltern. Und ich gebe zu, dass ich zu Beginn der Kindergartenzeit meine Ängste und Sorgen hatte, wie es für uns alle sein wird. Würden wir uns als Außenseiter fühlen? Weil bei uns vieles anders ist? Weil wir bei den meisten Dingen nicht mitreden können? Weil uns keiner versteht?

Nein. Dafür können wir selbst sorgen. Denn vieles ist auch Einstellungssache. Sorgen und Ängste sind berechtigt, keine Frage. Aber wir als „besondere“ Familie sind auch aufgefordert, uns auf die Welt „da draußen“ einzulassen. Uns nicht zu verstecken und zu verbarrikadieren hinter unseren Problemen und Sorgen. Das kostet oft viel Kraft, aber es lohnt sich.

Und tatsächlich: Wir wurden in der Kitagemeinschaft so herzlich aufgenommen – vom ErzieherInnen-Team, von den Eltern und Kindern, dass alle Sorgen schnell vergessen waren. Und in Elterngesprächen vergesse ich sogar oft für einen Moment, dass unser Fips anders ist. Diese Normalität tut gut. Sie ist wichtig. Auch wenn mich der Alltag immer wieder einholt.

Aber mein Gefühl sagt mir: Wenn wir aufeinander zugehen und offen und ehrlich über Dinge reden, dann ist das Leben leichter. Für alle. Und genau dann funktioniert auch Inklusion. Oder Integration. 😉

Bildquelle: pixabay / palichka

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2 Kommentare für “„Das ist gelebte Inklusion.“

  1. Hallo Steffi,
    einfach nur DANKE für die wohlwollenden Worte! 🙂
    Das bestätigt uns als Team, dass unser „Integrationsgedanke“, wie wir ihn versuchen um zu setzen, bei Euch ankommt! 🙂 „Mittendrin!“….statt „Außen vor!“…. und das ist Euer Fips ganz bestimmt! … dafür sorgen auch ganz viele andere „fantastische Kitabewohner“ ! 🙂

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