Ein tobendes Kind mit hochrotem Kopf, viele Tränen, zwei gestandene, aber ratlose Männer und fünf halbwegs geschnittene Fingernägel. Und ich emotional völlig erschöpft am Rande des Geschehens. Was war passiert? Mein Mann und mein Vater hatten versucht, unserem Fips die Fingernägel zu schneiden. Wenn Dir das irgendwie bekannt vorkommt, habe ich heute vielleicht einen guten Tipp für Dich.
Der Fernseher – Allheilmittel Nr. 1?
Ich muss zugeben: Fingernägel schneiden war noch nie unsere Lieblingsbeschäftigung. Aber das geht vermutlich fast allen Müttern mit ihren Kindern so. Doch dank der Sendung mit der Maus ließ unser Fips das ganze relativ gut über sich ergehen. Die einzige Herausforderung war seine starke Aufregung beim Fernsehen: Er wedelt dabei immer so heftig mit den Armen, dass ich genau die Sekunden abpassen muss, in denen er seine Hände kurz stillhält. Aber trotzdem schaffte ich es bisher immer, seine Krallen zu stutzen.
Doch irgendwann änderte sich das von heute auf morgen. Eigentlich war alles wie immer: Fernseher an und los! Doch diesmal funktionierte mein Plan nicht. Obwohl Fipsens Lieblingssendung lief (mittlerweile waren wir in der „Conny-Phase“), hatte ich keine Chance. Sobald ich seine Hand nahm und mit der Schere näherkam, zog er die Hand energisch weg und schimpfte wie ein Rohrspatz. Selbst nach einigen Minuten Pause, geduldigem Abwarten und gutem Zureden war nichts zu machen.
Ich geb´s auf!
Nach mehreren erfolglosen Anläufen auf die sanfte Art versuchte ich es mit etwas mehr Kraft: Ich nahm seinen ganzen Arm, klemmte ihn unter meinem Arm fest, beugte mich darüber, um ihn zu fixieren und versuchte, seine Hand möglichst fest zu packen. Keine Chance. So rigoros angefasst und festgehalten zu werden, kann unser Fips überhaupt nicht leiden. Er fing an, sich zu winden, den Oberkörper nach vorne zu werfen und kam der Nagelschere gefährlich nahe. An dem Punkt musste ich abbrechen. Mit der Nagelschere und einem unkontrollierbaren Kind – ein absolutes No Go! Ich gab mich also geschlagen. Von meinem 4 Jahre alten Sohn! Kein schönes Gefühl. Aber darum ging es auch gar nicht. Irgendwie musste ja eine Lösung her!
Keine Angst – es kommt jeder mal dran! 😉
Nachdem ich also aufgegeben hatte und auch mein Mann nicht weiterkam,
versuchte er und mein Vater gemeinsam ihr Glück. Zwei starke Männer, beide
relativ ruhig und zielstrebig. Das sollte klappen!
Das Ergebnis waren fünf halbwegs geschnittene Fingernägel, ein tobendes Kind mit
vielen Tränen und zwei ratlose Männer. An dieser Stelle brachen wir die ganze
Sache ab. Meine Mutter und ich konnten sich das Drama kaum anschauen. Aber ich befürchtete
schon, dass wir da nun in Zukunft durchmüssen. Und zwar alle. Wie sollten wir
sonst das Problem in den Griff bekommen?
Mein Vater, die Ruhe in Person, wollte sich der Sache nochmal annehmen. Mit einer Engelsgeduld schaffte er es an einem Nachmittag, mit gutem Zureden und Überredungskünsten zwei Nägel zu schneiden. Ohne Geschrei oder Tränen. Immerhin. Meine Mutter dagegen winkte schon ab und war wenig überzeugt davon, den ganzen Nachmittag mit Fingernägel schneiden zu verbringen.
Mittlerweile wurde das Thema zur Gemeinschaftsaufgabe und jeder bot seine Hilfe an. So auch Fipsens Erzieherin im Kindergarten. Und die nahm ich dankend an! Schließlich klappt im Kindergarten vieles besser als zuhause. Doch auch hier: Keine Chance. Und unser Fips sollte ja zukünftig auch noch mit Freude in den Kindergarten gehen. 😉
Nun nahm sich meine Schwiegermutter der Sache an. Und tatsächlich: hier klappte es eines Abends mit etwas Zureden ganz gut. Das war doch mal was. In Zukunft würde unser Fips also nur noch bei der Schwiegermutter oder bei meinem Vater zur Maniküre gehen – immer dann, wenn es gerade mal reinpasste. Auch wenn zwischendurch seine Nägel immer wieder zu regelrechten Krallen heranwuchsen, für die ich mich wirklich schämte und mit denen er sich regelmäßig den Bauch blutig kratzte (aber das ist wieder ein anderes Thema).
Warum bin ich da nicht selbst draufgekommen?
Als ich meiner Freundin von unserem Kampf mit den Fingernägeln berichtete, erzählte sie mir, was ihre Kollegen damals in der Betreuung von autistischen Kindern gemacht hatten: Die haben die Fingernägel einfach im Schlaf geschnitten.
Wie genial. Warum bin ich darauf eigentlich nicht selbst gekommen?
Am gleichen Abend der erste Versuch. Ich wusste, dass unser Fips um 22 Uhr relativ tief schläft. Also schnappte ich mir eine Leselampe und legte sie neben ihn ins Bett. Ich suchte mir die Hand, die ich am einfachsten fassen konnte ohne ihn zu wecken. Und zack – im Nu waren alle fünf Nägel geschnitten. Genial. Bei der zweiten Hand war es etwas schwieriger, weil sie etwas unglücklich lag und der Fips nun etwas unruhig wurde. Also brach ich ab. Kein Problem, ich konnte ja am nächsten Abend weitermachen. Und was soll ich sagen, es klappte super. Und was mit den Fingernägeln klappt, funktioniert natürlich auch mit den Fußnägeln 😉
Klar, nicht jeder Abend verläuft so gut. Wenn der Fips unruhig schläft und selbst im Schlaf seine Hand wegzieht, dann lass ich es sein. Das wichtigste ist doch, dass ich endlich eine gute Lösung gefunden habe. Und zwar für alle Beteiligten. 😊
Falls Du das gleiche Problem hast, probier es doch mal aus und berichte mir davon!
Liebe Steffi,
So schön und wahr geschrieben, mach weiter so!!! Du bist eine Bereicherung für deine Mitmenschen!Ich bin froh und stolz dich kennengelernt (und weiter kennenzulernen) zu haben.
Dicke Umarmung
Heike Hohmann
Liebe Heike,
ach wie lieb von Dir!! Ich freue mich so über Deine Worte, und Du weißt ja, wie wichtig Du und Ihr uns seid 😉
Liebe Grüße Steffi