Wann haben wir eigentlich das letzte Mal ganz in Ruhe zusammen gegessen – nur wir zwei? Ein Glas Wein getrunken, über Gott und die Welt geredet, zusammen gelacht und ganz unbeschwert die Zeit genossen? Wann waren wir das letzte Mal im Kino oder in unserem Lieblingsrestaurant? Das waren noch Zeiten… Damals… Als wir noch kein Kind hatten und dafür scheinbar alle Zeit der Welt. Als wir noch ausschlafen konnten, die Wohnung länger als zehn Minuten aufgeräumt blieb und wir uns nur um uns selbst kümmern mussten. Als wir noch ungebunden und so unglaublich flexibel waren, ohne es überhaupt wahrzunehmen. Nicht, dass ich mir diese Zeit zurückwünsche. Aber im Alltag mit unserem Fips wird mir hin und wieder bewusst, wie sehr sich das Leben – und auch eine Partnerschaft – mit Kind doch verändert. Und dann erinnere ich mich wieder an unseren „Vorsatz“ von damals, dass wir auch mit Kind immer noch ein Paar bleiben wollen, nicht nur Eltern.
Die große Vorfreude…
Wenn in einer Partnerschaft das erste Mal der Wunsch nach einem gemeinsamen Kind wächst, beginnt eine ganz besondere Zeit. Ein Kinderwunsch verbindet ein Paar in seiner Liebe noch tiefer und ist in meinen Augen der größte Liebesbeweis. Denn ein gemeinsames Kind wird das ganze Leben grundlegend verändern. Daher ist die Entscheidung für ein gemeinsames Kind auch eine ganz bewusste Entscheidung für eine gemeinsame Zukunft – als Paar und als Familie. Der Moment, in dem der Schwangerschaftstest positiv ist, der Augenblick, in dem man es Eltern und Geschwistern erzählt, die Zeit, in der der Bauch langsam wächst und die Vorfreude auf das eigene Baby kaum auszuhalten ist – all das ist so einzigartig und unbeschreiblich, dass man sich wohl ein Leben lang daran erinnern wird.
…und die knallharte Realität
Doch bei all der Vorfreude ist vermutlich jedem Paar bewusst, dass ein Kind alles verändern wird: Diese große Verantwortung, die Eltern für ihr Kind haben, diese völlig neue und unbekannte Situation und gerade die neue Konstellation – all das stellt junge Paare oft vor eine große Herausforderung. So sehr man im Vorfeld versucht, sich auf diese neue Situation einzustellen – wirklich greifen und begreifen wird man es erst, wenn es soweit ist. Statt rosaroten Wolken bekommt man die knallharte Realität zu spüren: wenig Schlaf, ein völlig neuer Tagesrhythmus, eine neue Rollenverteilung, Ängste und Unsicherheiten, Erschöpfung, viele neue Aufgaben. Und plötzlich ist man angekommen – im Alltag als Familie. Als Eltern. Eine enorme Belastungsprobe für jede Partnerschaft.
Neue Lebensthemen. Neue Zukunftsfragen. Gerade mit einem „besonderen“ Kind.
Ich höre immer wieder, wie sich in Familien mit Kindern das
Eheleben stark verändert. Und ich nehme uns da nicht aus. Im Gegenteil. Wenn
sich das Leben plötzlich nur noch um Kinder, Haushalt und Arbeit dreht, geraten
andere Dinge leicht in den Hintergrund. Insbesondere die Partnerschaft. Gerade
mit einem „besonderen“ Kind sind die alltäglichen Aufgaben meist noch größer
bzw. anders gelagert und die Sorgen tiefgreifender: Welche Therapien und
Hilfsmittel sind die richtigen? Welcher Kindergarten oder welche Schule ist für
unser Kind geeignet? Wie wird es sich entwickeln? Welche Probleme warten noch
auf uns? Wie eigenständig wird unser Kind später sein oder wie lange ist es auf
unsere Hilfe angewiesen? Wo wird es wohnen? Und nicht zuletzt die Frage, wie
jeder Partner für sich selbst mit der Behinderung des eigenen Kindes klarkommt.
Wenn dann vor lauter Alltagsstress und Sorgen um das Kind der Kopf voll ist und
die Erschöpfung groß, gerät die Partnerschaft und die gegenseitige Zuwendung
oft ganz schnell in Vergessenheit. Man versucht einfach nur noch zu
funktionieren. Und erinnert sich vielleicht ab und zu an die unbeschwerte Zeit,
als man noch ungebunden war und so viel Zeit füreinander hatte.
Zeit nehmen – ganz bewusst.
Natürlich haben wir heute deutlich weniger Zeit für uns – weniger Zeit für uns selbst und weniger Zeit für uns als Paar. Doch wenn ich ehrlich bin: Oft fehlt im Familienalltag nicht nur die Zeit für gemeinsame Unternehmungen als Paar, sondern auch die Muße. Schließlich wollen wir die begrenzte Zeit, die wir am Ende „übrig“ haben, wenn alle Aufgaben und Verpflichtungen erledigt sind, nicht auch noch „vollpacken“. Weil wir erschöpft und müde sind. Und so schleicht sich eine gewisse Bequemlichkeit ein. Jeder ist froh, wenn er einfach nur mal seine Ruhe hat. Und das ist auch in Ordnung so. Doch zum Glück erinnern wir uns immer wieder gegenseitig an unseren Vorsatz von damals… Dass wir eben auch noch ein Paar sind – nicht nur Eltern. Und das ist in meinen Augen ganz besonders wichtig: sich bewusst diese Zeit zu nehmen. Denn nur dann, wenn wir in einer glücklichen Partnerschaft leben, können wir wieder genug Kraft schöpfen für den Alltag. Nur wenn wir unsere Liebe pflegen und sorgsam damit umgehen, haben wir die Chance, bei allen Problemen und Sorgen auch in Zukunft eine glückliche Familie zu bleiben. Eine stabile Partnerschaft, in der man sich Zeit füreinander nimmt und sich gegenseitig wertschätzt, kann gerade in schweren Zeiten Halt geben und ein Gefühl der Sicherheit.
Auch wenn ich oft selbst zu müde oder erschöpft dazu bin, mich um einen Babysitter zu kümmern, weiß ich doch, wie wichtig und wie wertvoll diese gemeinsame Zeit ist. Und es lohnt sich. Es tut gut, mal rauszukommen, mal etwas ganz anderes zu sehen. Und zwar gemeinsam. Diese Momente sind so wichtig für unsere Partnerschaft. Sie schaffen gemeinsame Erlebnisse und Erinnerungen, von denen wir im Alltag noch zehren können.
Findet Eure eigene Zeit zu zweit.
Mein Tipp: Vereinbart z.B. einmal im Monat ein gemeinsames Date. Plant es ganz bewusst ein und haltet es dann auch ein. Das bringt frischen Wind in den Alltag und die Partnerschaft. Ganz wichtig: Diese gemeinsamen Unternehmungen müssen nichts Großes sein! Hauptsache ist, Ihr freut Euch beide darauf. Also: Was habt Ihr schon lange nicht mehr gemacht und worauf habt Ihr beide mal wieder Lust? Was habt Ihr früher gerne gemacht, als Ihr noch keine Kinder hattet? Das kann eine Unternehmung am Abend sein oder auch am Wochenende tagsüber – ganz nach Eurem Geschmack.
Wie wäre es z.B. mit…
- einem ausgiebigen Spaziergang – im Wald, durch Wiesen und Felder, abseits von allem Trubel
- einem Stadtbummel – mal wieder mit offenen Augen durch die Heimatstadt schlendern, ein Eis essen, gemeinsam die Schaufenster betrachten
- lecker Essen gehen – in Eurem Lieblingsrestaurant – und mal nicht über Kindergartenfeste, Arzttermine oder die letzte Ergotherapie-Stunde sprechen
- einem Konzert oder einer Comedy-Veranstaltung – gemeinsam singen, tanzen oder einfach nur lachen – das wirkt Wunder!
- einem Kinobesuch – mal wieder wie früher zusammenkuscheln, Popcorn essen und einen tollen Film anschauen
- Wellness für Körper und Geist – besucht eine Therme und gönnt Euch ein kleines Wellnessprogramm
Euch fallen garantiert noch viele tolle Möglichkeiten für Euer nächstes Date ein. Und auch wenn Ihr mal keinen Babysitter habt, lohnt es sich, ganz bewusst einen gemeinsamen Abend zu verbringen. Das geht nämlich auch zuhause. Wenn die Kinder im Bett sind, einfach mal Handys ausschalten und ein Glas Wein auf der Couch genießen – oder im Sommer natürlich auf dem Balkon/der Terrasse. Gemeinsam einen guten Film anschauen, einen Spielabend machen – einfach Dinge, die sonst viel zu kurz kommen.
Klingt schon wieder nach Arbeit? Kann ich verstehen. Ist es im ersten Moment auch. Aber Ihr werdet sehen, es lohnt sich. Und bei all den Verpflichtungen, die man sonst so hat, ist es die eigene Partnerschaft doch wert, sich hierfür Zeit zu nehmen. Also: Jetzt seid Ihr dran! Wann ist Euer nächstes Date? Ich wünsche Euch ganz viel Spaß dabei!
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